Relativitätstheorie relativ anschaulich

Ein Neutronenstern mit starkem Magnetfeld

Da wir die Röntgenstrahlung gepulst sehen, wenn der Neutronenstern rotiert, strahlt er offensichtlich nicht in alle Richtungen gleichmäßig ab. Um das zu erklären, wurde schon bald angenommen, dass der Neutronenstern in einem Röntgenpulsar ein starkes magnetisches Feld besitzt. Beobachtungen bestätigten diese Annahme später anhand des Röntgenspektrums. Das Magnetfeld sorgt dafür, dass das überströmende Gas nicht gleichmäßig auf der ganzen Oberfläche des Neutronensterns niedergeht, sondern gebündelt in der Nähe des magnetischen Nord- und Südpols auftrifft.

Akkretionsscheibe
Abb. 4: Am Innenrand der Akkretionsscheibe tritt Gas in die Magnetosphäre des Neutronensterns ein und folgt den magnetischen Feldlinien bis zur Sternoberfläche. (Der Außenrand der Scheibe ist nicht maßstabsgerecht gezeichnet; er müsste weit außerhalb des Bildes liegen.)

Der Grund dafür liegt darin, dass das überströmende Gas ionisiert ist. In einem Magnetfeld kann es sich deshalb längs der Feldlinien frei bewegen, quer dazu aber nicht: Die Lorentz-Kraft zwingt jedes geladene Teilchen, sich auf einer Spiralbahn um die Magnetfeldrichtung zu bewegen. Für das überströmende Gas bedeutet das, dass es weit entfernt vom Neutronenstern wie oben beschrieben in einer flachen Scheibe kreist, dass diese Bewegung aber in der Nähe des Neutronensterns durch das Magnetfeld zunehmend gestört und dann ganz aufgebrochen wird. In einer Übergangszone am Innenrand der Scheibe, etwa 1000 Kilometer vom Neutronenstern entfernt, tritt das ionisierte Gas in die Magnetosphäre des Neutronensterns über und folgt von nun den magnetischen Feldlinien bis zur Sternoberfläche (Abb. 4). Dort trifft es auf zwei kleinen Flächen mit einer Ausdehnung von wenigen Quadratkilometern in der Nähe der beiden magnetischen Pole auf (Abb. 5). Wenn sich der Neutronenstern dreht, wirken die beiden kleinen Emissionsgebiete wie rotierende Scheinwerfer und die Röntgenquelle erscheint gepulst - als »kosmischer Leuchtturm«.

Polregion
Abb. 5: In der Nähe der magnetischen Pole prallt überströmendes Gas auf den Neutronenstern. In jeder Sekunde stürzen hundert Milliarden Tonnen Gas mit mehr als der halben Lichtgeschwindigkeit auf eine Fläche von wenigen Quadratkilometern.

Eine Bestätigung für die vermutete Existenz des starken Magnetfelds wurde erstmals 1987 im Spektrum von Hercules X-1 gefunden: eine Absorptionslinie bei einer Photonenenergie von etwa 40 keV (40000 Elektronenvolt). Diese Linie kommt dadurch zustande, dass ein Elektron im Magnetfeld, klassisch betrachtet, einer spiralförmigen Bahn um die Magnetfeldrichtung folgt. Es kreist dabei mit der so genannten Zyklotronfrequenz, die proportional zur magnetischen Feldstärke ist. Strahlung, deren Frequenz mit der Zyklotronfrequenz übereinstimmt, wird an dem Elektron resonant gestreut. Die Linie im Spektrum zeigt also die Zyklotronfrequenz an, aus der man auf das Magnetfeld schließen kann: 40 keV entsprechen einem Magnetfeld von 300 Millionen Tesla. Zum Vergleich: Die Feldstärke des Erdmagnetfeldes beträgt fünf hunderttausendstel Tesla, im Labor kann man statische Felder von einigen zehn Tesla erzeugen. In den letzten Jahren wurden in zahlreichen weiteren Röntgenpulsaren Zyklotronlinien entdeckt, die allesamt Magnetfelder von 100 Millionen Tesla und mehr anzeigen.

 
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AutorInnen: Ute Kraus, Datum: 25.9.2006
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