Relativitätstheorie relativ anschaulich

Einleitung

Im Frühjahr 1971 beobachteten Riccardo Giacconi und seine Mitarbeiter mit dem Röntgensatelliten UHURU eine bereits seit einigen Jahren bekannte helle Röntgenquelle. Dabei stellten sie fest, dass diese Quelle mit eine Periode von knapp 5 Sekunden mit großer Regelmäßigkeit pulsiert. Sie hatten mit Centaurus X-3 den ersten Röntgenpulsar entdeckt.

Diese Entdeckung, die gerade einmal 35 Jahre her ist, fällt gleichwohl noch in die Anfangszeit der Röntgenastronomie. Da Röntgenstrahlen aus dem Weltraum in der Erdatmosphäre vollständig absorbiert werden, erfordert ihre Beobachtung nämlich hochfliegende Raketen oder Satelliten. Geeignete Raketen standen erstmals nach dem zweiten Weltkrieg zur Verfügung. Raketenflüge bestätigten zunächst die theoretisch vorhergesagte Röntgenstrahlung der Sonnenkorona und führten dann im Laufe der 60er Jahre zur Entdeckung zahlreicher heller Röntgenquellen außerhalb des Sonnensystems. Ab 1971 ermöglichten satellitengebundene Teleskope längere und immer genauere Beobachtungen bis hin zu den hochaufgelösten Lichtkurven und Spektren, die heute mit modernen Satelliten wie XMM oder INTEGRAL gewonnen werden.

Die seit den 60er Jahren in immer größerer Zahl entdeckten hellen diskreten Quellen sind sehr viel stärkere Röntgenstrahler als normale Sterne. Es gab schon bald theoretische Überlegungen, dass solche extrem hohen Röntgenleuchtkräfte in Doppelsternen entstehen könnten, wenn die eine Komponente des Systems ein Neutronenstern ist. Diese Vorstellungen waren jedoch hypothetisch und galten als recht spekulativ. Immerhin hatte die Entdeckung der Radiopulsare im Jahr 1967 und ihre Deutung als rotierende Neutronensterne bereits eine Bestätigung für die Existenz dieser zunächst theoretisch vorhergesagten kompakten Objekte erbracht. Die pulsierenden Röntgenquellen lieferten nun überzeugende Hinweise darauf, dass ihre Strahlung tatsächlich von einem Neutronenstern in einem Doppelsternsystem stammt.

Ein Neutronenstern im Doppelsternsystem

Genaue Messungen der Pulsperiode von Centaurus X-3 zeigten bald, dass diese regelmäßigen Schwankungen unterworfen ist. Im Laufe von zwei Tagen variiert sie mit einer Amplitude von sieben Millisekunden sinusförmig um ihren Mittelwert von knapp fünf Sekunden. Ein solches Verhalten erwartet man von einer Quelle, die einen Begleitstern umkreist: Wegen des Dopplereffekts erscheint die Pulsperiode verkürzt, wenn die Quelle sich dem Beobachter nähert, und verlängert, wenn sie sich von ihm entfernt.

Doppelsternsystem
Abb. 1: Ein Röntgenpulsar ist ein rotierender, stark magnetisierter Neutronenstern, auf den Gas aus der Hülle seines Begleitsterns überströmt. Das Gas nähert sich dem Neutronenstern spiralförmig in einer flachen Scheibe, um schließlich auf seine Oberfläche hinabzustürzen. (Bild: Roland Speith)

In vielen Fällen konnte der jeweilige Begleitstern des Pulsars durch optische Beobachtungen identifiziert werden. Dass der gefundene Stern tatsächlich zur Röntgenquelle gehört und nicht nur zufällig in einer ähnlichen Richtung am Himmel steht, ist daran zu erkennen, dass auch er sich in einer Umlaufbahn bewegt, und zwar mit derselben Periode wie die Röntgenquelle. Diese Bewegung erschließt man aus der Beobachtung der Spektrallinien, die aufgrund des Doppler-Effekts um eine mittlere Wellenlänge periodisch schwanken.

Den entscheidenden Hinweis auf die Natur des Röntgensterns liefert die Pulsperiode der Röntgenstrahlung. Rechnet man die aufgrund der Bahnbewegung entstehenden Dopplervariationen heraus, so erweist sich die Pulsperiode als außerordentlich regelmäßig und stabil. Der einzige bekannte Mechanismus für einen derart stabilen periodischen Vorgang ist eine Rotation. So dreht sich also der Neutronenstern im System Centaurus X-3 innerhalb von knapp 5 Sekunden einmal um seine Achse. Es gibt aber auch noch kürzere Perioden: Der schnellste derzeit bekannte Röntgenpulsar dieses Typs ist der Ende 2004 entdeckte IGR J00291+5934. Seine Periode beträgt nur 1,7 Millisekunden.

Ein normaler Stern könnte so schnell nicht rotieren. Die Grenze ist dann erreicht, wenn die Rotationsperiode des Sterns derjenigen Zeit entspricht, die ein frei fallender Körper benötigt, um ihn in der Nähe seiner Oberfläche einmal zu umrunden. Im Fall der Sonne wären das etwa 10000 Sekunden. Würde sie sich in kürzerer Zeit um ihre Achse drehen, so flögen ihre äußeren Gasschichten davon. Eine Umdrehung in Bruchteilen einer Sekunde ist bei normalen Sternen also nicht möglich; es muss sich bei der Röntgenquelle um ein wesentlich kompakteres Objekt handeln.

Drei Möglichkeiten kommen in Betracht: Weiße Zwerge, Neutronensterne und Schwarze Löcher. Schwarze Löcher kann man ausschließen: Ein rotierendes Schwarzes Loch ist axialsymmetrisch und kann deshalb keine regelmäßigen Pulse produzieren. Zwar gibt es auch diskrete, helle Röntgenquellen, hinter denen man Schwarze Löcher vermutet, bei diesen fluktuiert die Helligkeit aber aperiodisch. Die Entdeckung von regelmäßigen Pulsen ist ein sicheres Zeichen dafür, dass eine Röntgenquelle kein Schwarzes Loch ist. Weiße Zwerge können mit Perioden von wenigen Sekunden rotieren. Für Centaurus X-3 käme ein Weißer Zwerg nach diesem Kriterium also in Frage (und das war auch die erste Vermutung der Entdecker), für die schneller rotierenden Pulsare allerdings nicht. Neutronensterne schließlich können Rotationsperioden bis hinab zu etwa einer Millisekunde haben. Das umfasst die Perioden aller bisher entdeckten Röntgenpulsare.

Wie wir noch sehen werden, passen sowohl die Leuchtkraft als auch das Magnetfeld des Röntgensterns zwanglos zu den Eigenschaften von Neutronensternen und lassen sich mit Weißen Zwergen nicht gut vereinbaren. Deshalb geht man heute davon aus, dass sich hinter jedem binären Röntgenpulsar ein Neutronenstern in einem Doppelsternsystem verbirgt.

 
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AutorInnen: Ute Kraus, Datum: 25.9.2006
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