Relativitätstheorie relativ anschaulich

Projektbeschreibung

Das Projekt "Tempolimit Lichtgeschwindigkeit" ist ein Beitrag zur Didaktik der Relativitätstheorie. Es wird von der Arbeitsgruppe Physikdidaktik der Universität Hildesheim gestaltet. Zentrales Element ist das Webangebot unter

https://www.tempolimit-lichtgeschwindigkeit.de/

Die Relativitätstheorie galt Anfang des 20. Jahrhunderts als eine der schwierigsten und abstraktesten Theorien überhaupt. Diese Einschätzung kommt etwa in Einsteins bekanntem Ausspruch "Woher kommt es, dass mich niemand versteht und jeder mag?" zum Ausdruck oder in der Anekdote über Sir Arthur Eddington, der auf die Bemerkung, er sei wohl einer der drei Männer in der Welt, die die Relativitätstheorie wirklich verstünden, erwidert haben soll, dass er nicht wisse, wer der Dritte sein möge.

In den folgenden Jahrzehnten aber fand die Relativitätstheorie auf breiter Basis Eingang in die Hochschullehre und zunehmend auch in den Physikunterricht an Schulen. Der bekannte Physiker und Lehrbuchautor Roman Sexl analysiert in seiner Arbeit "Relativitätstheorie als didaktische Herausforderung" ( Sexl (1980)) wie die ursprünglich als kaum verständlich betrachtete Theorie zunehmend lehrbar und einem breiten Verständnis zugänglich gemacht wurde. Sein Fazit im Jahr 1980 ist, dass nun geeignete audiovisuelle Medien entwickelt werden sollten um weitere Fortschritte bei der Vermittlung der Relativitätstheorie zu machen.

Seitdem hat sich die Visualisierung der Relativitätstheorie als eigenständiges Forschungsgebiet entwickelt. Methoden der Computergrafik wurden erweitert, um relativistische Szenen in Bildern und Filmen darzustellen. Immer leistungsfähigere Computer und Grafikhardware ermöglichen es, zunehmend komplexere Szenen zu simulieren und zu visualisieren.

In der Abteilung Theoretische Astrophysik der Universität Tübingen und anschließend in der Physikdidaktik der Universität Hildesheim arbeiten wir seit 1988 an Visualisierungen zur Speziellen Relativitätstheorie, zur Allgemeinen Relativitätstheorie und zur relativistischen Astrophysik. Diese Visualisierungen sind der inhaltliche Schwerpunkt unseres Projekts. Wir haben sie didaktisch aufbereitet und stellen sie in unserem Webangebot für Lernende und Lehrende zur Verfügung.

Ausgangspunkt der Visualisierungen ist die Frage: Wie wäre es, relativistische Effekte selbst zu erleben? Zum Beispiel: Mit annähernd Lichtgeschwindigkeit unterwegs zu sein und sich dabei umzusehen. Oder in der Nähe eines Schwarzen Lochs Vermessungen durchzuführen um die Geometrie des gekrümmten Raums zu ermitteln. Wir erstellen physikalisch korrekte Computersimulationen solcher Szenen in Form von Bildserien, Filmen, interaktiven Programmen und Modellexperimenten. Diese Materialien erlauben es, relativistische Phänomene zumindest virtuell zu "erleben" und mit ihnen zu "experimentieren".

Die Ergebnisse der Visualisierungen sind oft verblüffend und selbst für Fachleute nicht sofort einsichtig. Ein schönes Beispiel dafür sind frühe Lehrbuchillustrationen vom Aussehen eines fast lichtschnell bewegten Objekts: Sie waren schlichtweg falsch (z.B.  Gamov (1940)). Erst ab 1959 wurde in einer Reihe von Arbeiten geklärt, wie ein solches Objekt tatsächlich aussähe ( Penrose (1959), Terrell (1959), Boas (1961), Kraus (2000) u.a.) Neben den eigentlichen Simulationen ist deshalb deren Erklärung ein gleichgewichtiger inhaltlicher Schwerpunkt unseres Projekts. Anhand von zahlreichen Grafiken und Animationen werden die Computersimulationen im Detail verständlich gemacht.

 
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Literatur

M. L. Boas, Apparent Shape of Large Objects at Relativistic Speeds, Am. J. Phys. 29, 283-286 (1961).

G. Gamov, Mr. Tompkins' seltsame Reisen durch Kosmos und Mikrokosmos, Vieweg Verlag, Wiesbaden, 1984. Original: Mr Tompkins in wonderland, 1940.

U. Kraus, Brightness and colour of rapidly moving objects: the visual appearance of a large sphere revisited, Am. J. Phys. 68, 56-60, 2000.

R. Penrose, The Apparent Shape of a Relativistically Moving Sphere, Proc. Cambr. Phil. Soc. 55, 137-139, 1959.

Roman Sexl, Relativitätstheorie als didaktische Herausforderung, Die Naturwissenschaften 67, 209-215, 1980.

J. Terrell, Invisibility of the Lorentz Contraction, Phys. Rev 116, 1041-1045, 1959.


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AutorInnen: Ute Kraus, Datum: 13.04.2007
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